Jahrgangsübergreifender Unterricht bedeutet das Aufbrechen jahrgangsgebundener Klassenstrukturen mit dem Ziel, dass die Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung von den positiven Effekten dieses Settings profitieren.
Beim jahrgangsübergreifenden Lernen soll die Vielfalt (Heterogenität) der Schülerinnen und Schüler genutzt werden. Es gibt kein Lernen im Gleichschritt und jedem Kind wird sein Lerntempo zugestanden. Jedes Kind bekommt so viel Zeit zum Lernen, wie es braucht: ein, zwei oder drei Jahre für das Pensum von Stufe 1 und 2. Kinder, denen es in einem oder mehreren Fächern möglich ist, mit den Älteren zusammen zu lernen, können dies tun, wann immer sie so weit sind. Kinder, die auf einem oder mehreren Gebieten Wiederholung und Übung älterer Lerninhalte benötigen, können dies zusammen mit den jüngeren Gruppenmitgliedern tun, wann immer es nötig ist. Das individuelle Lernen ist in diesen Lerngruppen eine Selbstverständlichkeit.
Des Weiteren soll die Sozial- und Selbstkompetenz der Kinder gesteigert werden. Sie Durchlaufen während ihrer Schulzeit wechselnde Rollen: Die Kinder, die in der Gruppe geblieben sind, führen die neuen Kinder ins Schul- und Klassenleben ein, helfen ihnen und unterstützen sie bei ihrer Arbeit. Neu eingeschulte Kinder erhalten ältere Patenkinder in der gleichen Klasse, die die neuen Klassenkameraden da unterstützen, wo diese es brauchen, und so lange sie es brauchen. Dadurch können die Kinder nicht auf Dauer auf eine bestimmte Rolle innerhalb ihrer Lerngruppe festgelegt werden, denn mit jedem neuen Schuljahr verändert sich die Stellung eines Kindes innerhalb der Klassengemeinschaft. Die unterschiedlichen Rollen, die ein Kind so während seiner Grundschulzeit einnimmt, haben entscheidenden Anteil an der Entwicklung und Stärkung seiner Persönlichkeit.
Jedes Kind erlebt den Wechsel vom Jüngeren zum Älteren, von demjenigen, der Hilfe empfängt zu dem, der anderen helfen kann. Dadurch, dass beide Rollen zeitgleich in der Klasse vorhanden und akzeptiert sind, kann eine Stigmatisierung derer, die mehr Hilfe benötigen, vermieden werden. In einem solchen System können soziale Kompetenzen erweitert werden. Der Rollenwechsel trifft auch auf die Lehrkraft zu: Es findet ein Wechsel vom Belehrenden zum Lernbegleiter statt.
Durch die jahrgangsübergreifende Organisation werden Übergänge weicher gestaltet. Die Schülerinnen und Schüler lernen dort weiter, wo sie sich inhaltlich befinden. Sie überspringen oder wiederholen nicht. Auch der Übergang von der Kita in die Schule wird durch ähnliche Organisationsstrukturen leichter bewältigt.
Zusätzlich wird den Kindern Verantwortungsübernahme ermöglicht und im Gegenzug auch Mitwirkung an den Prozessen zugestanden. Und auch das Schulklima und die Schulgemeinschaft wird durch das jahrgangsübergreifende Lernen positiv beeinflusst.
Die Schülerinnen und Schüler lernen durch die Organisation jahrgangsübergreifender Lerngruppen mehr andere Kinder, die die Schule besuchen, kennen. Dies können ältere oder jüngere Kinder sein. Sie kennen auch mehr Lehrkräfte. Desgleichen kennen die Lehrkräfte gegenseitig mehr Kinder aus den Klassen der anderen, was die Kommunikation unter den Lehrkräften über einzelne Kinder fördert. Insgesamt ist die Vernetzung an den Schulen wesentlich intensiver. Jahrgangsübergreifender Unterricht erfordert die vermehrte Kooperation und Teamarbeit der Lehrkräfte.